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Lektion 16, Text 1
Eine böse Verletzung des Gastrechts
Die Großstadt Rom war von Romulus mit einer festen Mauer befestigt worden. Bald darauf sind auch die anderen von Romulus in die neue Stadt gerufen worden. Viele kamen, weil in der Stadt sowohl Freien als auch Sklaven, ja sogar gerichtlich verfolgten Asyl von Romulus geöffnet worden war.
Schon wuchs die Stadt, aber aus Mangel an Frauen war keine Hoffnung auf ein Überleben mit dem neuen Volk. Denn die Nachbarn verweigerten die Hochzeit, obwohl Romulus es oft erbat.
Daher bereitete Romulus eine List vor:
Er lud die Nachbarn zu Pferderennen des heiligen Neptuns ein. Viele aus dem Volk der Sabiner kamen mit Frauen und Kindern in Rom zusammen und sind durch die neue Stadt geführt worden, nachdem sie von Römern gegrüßt worden sind.
Als die Zeit der Spiele kam und alle zum Spektakel zusammen kamen, ist das Zeichen von Romulus gegeben worden: Junge Frauen der Sabiner sind von römischen Männern geraubt worden.
Die Sabiner flohen zornig nach Hause und bereiteten den Römern Krieg.
Lektion 16, Text 2
Wird das gut ausgehen
Romulus befahl und sorgte dafür, dass die Sabinerinnen nach römischem Rechts geheiratet wurden. Die Römer boten ihren Ehefrauen ein schönes Leben. So wurde sowohl der Zorn der Sabinerinnen, als auch die Sehnsucht nach den Eltern allmählich vermindert. Aber wieder und wieder wurden die Sabiner von den Eltern der sabinischen jungen Frauen zum Kampf angetrieben.
Schließlich wurden die Schlachtreihen zwischen dem Palatin und dem Capitol aufgestellt. Während die Römer mit den Sabinern kämpften, sagte eine von den Sabinerinnen, jetzt römische Ehefrau, zu den anderen sabinischen Frauen:
"Ich werde sehr von diesem unnützen Krieg erschreckt. Werdet ihr nicht auch von Sorgen gequält. Es ist wahr, dass wir geraubt worden sind, aber wir werden von unseren Ehemännern geliebt. Mein Geist wird sowohl von der Sehnsucht nach den Eltern, als auch von der Liebe zu meinem Ehemann beunruhigt. Dieses Morden, dieser Krieg muss von uns Frauen beendet werden."
Die Furcht wird besiegt, Frauen wagen es zwischen bewaffnete Männer zu rennen. Die Schlachtreihen werden getrennt, die Waffen werden getrennt, der Zorn wird getrennt.
Frauen bitten einerseits Väter, andererseits Ehemänner, einige zeigen sogar neugeborenen Kinder und rufen:
"Wenn die Heirat nicht gefällt, Eltern, wendet den Zorn gegen uns! Denn wir sind der Grund des Krieges. Wenn du bewegt wurdest, Vater, dass dir die Tochter geraubt worden war, wirst du denn nicht nun von den Tränen des Enkelkindes bewegt, wirst du denn nicht von den Tränen der Mutter bewegt?"
Und die wütende Menge wird durch die Worte der Frauen bewegt. Der Kampf wird beendet. – Später war nicht allein der Frieden, sondern auch eine Bürgerschaft der Römer und Sabiner gemacht.
Lektion 17, Text 1
Sage oder Wirklichkeit?
Nachdem die Stadt Rom von Romulus mit einer sicheren Mauer befestigt worden war, wuchs sie allmählich. Bald kamen auch viele andere in die neue Stadt, weil sie von Romulus gerufen worden waren. Aber es waren nur Männer gekommen. Obwohl die Frauen oft von Romulus eingeladen worden waren, wollten sie nicht nach Rom kommen.
Schließlich bereitet Romulus eine List vor, weil er aus Mangel an Frauen dazu gezwungen war. Nachdem die benachbarten Sabiner von den Römern eingeladen worden waren, trafen sie in Rom zusammen und wurden von den Römern begrüßt und durch die neue Stadt geführt. Als die Zeit der Spiele kam, warteten die Römer auf ein festgesetztes Zeichen. Dann wurden die jungen Sabinerinnen von den römischen Männern geraubt. Lektion 17, Text 2
Ein unerbittlicher Gläubiger
Lucius: (tritt ein) Camilla! Ich habe das Rind auf dem Marktplatz verkauft.
Camilla: Bist du wahnsinnig? Wie sollen wir den Acker pflügen? Lucius: Ich weiß nicht. – Aber ich muss Aulus das Geld zurückgeben. Die Furcht vor Aulus hatte mich dazu veranlasst, dass ich das Rind verkaufte. Oder willst du lieber, dass Aulus mich verhaftet und mich verklagt? Wer kann mich, nachdem ich vor Gericht geführt worden bin, von meinen Fußfesseln befreien? Camilla: (Zorn entbrannt) Aulus der Patrizier ist ein schlechter Mensch. Die Patrizier richten uns zu Grunde. Lucius: Nicht allein die Patrizier, sondern auch der Krieg richtet uns zu Grunde. Camilla: Du sagst die Wahrheit. Dieser Krieg ist der Grund für unser Elend. Waren wir etwa nicht glücklich gewesen? Aber plötzlich war Krieg. Du warst Soldat, ich wurde allein zu Hause zurückgelassen, arbeitete mit den Kindern, den ganzen Tag, bestelle allein den Acker mit einem Rind, ich glaubte, dass ich unsere Sache (oder: unseren Wohlstand) ohne deine Hilfe retten könnte. Jedoch zerstörte ein Sturm alles. (weint) Lucius: Obwohl mein Leben in großer Gefahr gewesen war, obwohl dieser Krieg nicht von den Reitern, sondern von Fußsoldaten, von uns, glücklich beendet worden war, wurden wir in dem von uns geretteten Vaterland nicht gut aufgenommen. – Uns fehlt Getreide, nicht Ruhm. Camilla: Und nun... Aulus: (tritt plötzlich ein) Seid gegrüßt! Habt ihr das Geld, das ihr von mir geliehen habt? (Lucius gibt ihm das Geld) Aulus: Gibst du mir etwa nur einen Teil des Geldes? Lucius: Ich habe dir alles gegeben, was ich besitze. Bald werde ich dir den fehlenden Teil zurückgeben! Aulus: (schreit) Bald? – Meine Nachsicht hat ein Ende! Ich werde dich morgen vor Gericht führen! (geht weg) (Lucius geht aus dem Haus) Camilla: Wohin gehst du, Lucius? Lucius: Ich gehe zu deinem Vater. Nicht aus eigenem Antrieb, sondern von unserem Elend und der Grausamkeit des Aulus gezwungen, werde ich von deinem Vater Hilfe erbitten. Ich weiß, dass er mich nicht gern hat. Aber vielleicht wird er uns wegen deinem Heil helfen. Lektion 18
Ein so junger Heerführer?
Die Senatoren verzweifelten nicht, aber sie beschlossen einen neuen Führer nach Spanien zu schicken. Daher wurde eine Wahlversammlung angesagt, durch die das Volk einen Mann auswählen musste, der einer solchen Herrschaft würdig war. Die Bürgerschaft kam traurig auf dem Marsfeld zusammen, weil sie durch den Tod der Scipionen erschreckt worden war. Lange wurden die Namen der Kandidaten erwartet. Aber niemand der Anführer wagte es, die gefährliche Herrschaft zu erbitten, als plötzlich P. Cornelius Scipio, der Sohn des Publius, der in Spanien gefallen war, vierundzwanzig Jahre alt, sagte, dass er diese Herrschaft erstrebe. Aus der langen Stille, die seinen Worten folgte, wurden verschiedene Stimmen der Bürger gehört, die über die Sache diskutierten.
Calvus: Publius Cornelius ist ein allzu junger Mann, dem ihr die Herrschaft übergeben wollt. Wir müssen einen Mann wählen, mit dem unsere Soldaten große Gefahren, welche drohen, überwinden können.
Lucius: Gewiss ist Scipio ein junger Mann, aber er stammt aus der Adelsfamilie der Cornelia, aus dieser Adelsfamilie, deren gute und tüchtige Männer den römischen Staat schon vor vielen Gefahren schützten.
Calvus: Sagst du etwa aus dem Geschlecht der Cornelia? Hast du etwa nicht gehört, dass diese Scipionen, welche so lange unsere Bürgerschaft wie unseren Herrn befehlen, nach griechischer Sitte leben und die Freundschaft mit einigen Griechlein pflegen? Oder glaubst du etwa, dass diese Männer die Sitte ihrer Vorfahren, welche auf dem römischen Staat stehen, nicht retten können? Ich habe kein Vertrauen in diese Menschen, welche andere Sitten haben als wir.
Lucius: Die Künste und Wissenschaften der anderen Völker, auch der Griechen kennen zu lernen, nützt sehr viel. Ich jedenfalls habe Vertrauen in das Geschlecht der Cornelia. Diese Cornelia bereiteten nicht nur dem Staat Siege, die ihre Ehre sind, sondern auch den Ruhm, den auch du liebst, Calvus.
Calvus: Aber die Scipionen nahmen in Spanien große Niederlagen auf sich und wurden getötet, Lucius.
Lucius: Der diese gefährliche Herrschaft erbittet, obwohl Vater und Onkel fielen, zeigt wahre römische Tapferkeit. Ich weiß, dass der junge Publius Cornelius diese Niederlage, die wir nun beweinen, mit seiner Tüchtigkeit wieder gutmachen wird. Die Götter begünstigen das römische Volk. Publius Cornelius wird Carthago besiegen.
Lektion 19
Tiberius Gracchus spricht
Bürger! Neulich machte ich eine Reise durch Italien: Dort sah ich, dass viele Landgüter verlassen und einige Felder unbebaut sind. Aber ich sah auch überaus blühende Großgüter, auf denen eine riesige Zahl von Sklaven arbeitete...
Wie lange bebauen andere Sklaven eure Felder? Wie lange wird euer Wohnsitz von anderen Herren bewohnt? Wilde Tiere, die in Italien sind, haben ihren Wohnsitz und Schlupfwinkel, aber ihr, die für das Vaterland gekämpft habt, wurdet von euren Landgütern vertrieben und irrt mit Ehefrauen und Kindern durch Italien. Ihr seid endlich in Rom zusammengekommen, weil ihr Hilfe suchtet. Ihr seid jedoch nicht die Sorge der Senatoren und Patrizier, ward nie die Sorge, werdet nie die Sorgen sein. Denn der Senator oder der Patrizier kümmert sich immer nur um seine Sachen, kümmerte sich nur um seine Sachen, wird sich immer nur um seine Sachen kümmern. Wie lange werdet ihr dieses unwürdige Leben noch ertragen? Wie lange wird der Hunger euch noch quälen? Wie lange entbehren eure Ehefrauen und Kinder notwendige Sachen? Seht ihr etwa nicht, dass sie arm sind? Wollt ihr etwa, dass sie zukünftig immer arm sind? Wollt ihr etwa, dass sie anderen Herren dienen werden, weil sie auf eine andere Art und Weise nicht leben können?
Glaubt mir: Der, dem alles ist (der alles hat), wird immer mehr begehren. Der Geiz der Reichen wird niemals beendet, sie werden niemals aufhören euch zu quälen. Daher ist das Ackergesetz für uns nötig. Durch dieses Gesetz erhalten die Soldaten, die ihr Vaterland verteidigt haben, ihre Prämien: Felder, die ernähren werden, Wohnsitze, die mit den Ehefrauen und Kindern sicher bewohnen werden.
Daher bitte und beschwöre ich euch: Wählt mich, Tiberius Sempronius Gracchus, zum Volkstribun! Ich, euer Tribun, werde mich auch um eure Angelegenheiten (Dinge) kümmern, ich werde euch zu Hilfe kommen, ich werde mich um eure Angelegenheiten (Dinge) sorgen: Das Leben, das für euch nun Armut und Mühe ist, wird frei von allen Sorgen sein. Ich werde euch die Felder zurückgeben. Ihr werdet in eure Häuser zurückgehen. Eure Ehefrauen und Kinder werden sicher leben können. Ich werde euch die Freiheit, die Ehre und die Würde zurückgeben. Dieses Leben wird schließlich eines Römers würdig sein.
Lektion 20
Ich klage an!
Ich klage Gnaeus Cornelius Verres an, ihr Richter, einen römischen Senator. Diese Sache ist lästig und vielleicht wird sie mir Hass bei den Freunden diesen Menschen zufügen.
Ich klage Gnaeus Cornelius Verres an, ihr Richter, den Statthalter der Provinz Sizilien. Dies ist eine notwendige Sache und wird unseren guten Ruf bei den Gefährten und Freunden des römischen Volkes wieder herstellen.
Was ist geschehen? Überall rauben römische Beamte den Provinzen Gelder, überall nehmen sie schöne Statuen und Bilder weg, überall machen sie viel anderes Frevelhaftes und Unrechtes. Aber du, Verres, vom römischen Volk als Statthalter nach Sizilien geschickt, hast den Bewohnern Siziliens und den römischen Bundesgenossen sogar mehr Unrecht angetan, als andere vorher zugefügt hatten. Von diesen wurde ich gebeten Hilfe nach Sizilien zu tragen, unsere Ehre wiederherzustellen.
Hört, Richter, von den Verbreschen und der Schande dieses Menschen, von dem alle Guten abschrecken. Es gab einen gewissen Gavius, ein römischer Bürger, der von Verres mit falschen Vorwürfen angeklagt worden ist und in einen Steinbruch geschickt wurde. Dieser entfloh und begab sich in Messina auf ein Schiff. So sah er schon die Küste Italiens nahe, wo er sich erhoffte sicher sein zu werden, aber Gavius wurde von einem gewissen Freund des Verres erkannt.
Er wurde ergriffen und auf den Marktplatz geschleppt; die Sache wurde an Verres übergeben. Die Augen des verbrecherischen Menschen brannten, die Grausamkeit ragte ganz aus dem Gesicht heraus; er befahl, Ruten herbeizubringen. Gavius schrie, dass er niemandem Unrecht zugefügt hatte. Aber er wurde in mitten des Marktplatzes von Messina als römischer Bürger von Ruten geschlagen, Richter! Zwischen dem Klatschen der Schläge war keine andere Stimme zu hören außer: "Ich bin ein römischer Bürger!" Dann befahlst du, Verres, ihn zu kreuzigen. So wurde der Bürger aus unserer Mitte beseitigt.
Ich frage euch: Wie werdet ihr eine solche Sache ertragen, Richter? Wie erträgst du, Verres, diese Schande? Oder hast du etwa geglaubt, dass ich ein solches Verbrechen verschweigen werde?
Unsere Vorfahren brachten den Gefährten Hilfe. Du und diese deine Freunde bringen elendes Schicksal über die römischen Bürger herbei! Wegnehmen, morden, rauben von diesem Imperium gerufen!
Oh Zeiten! - Oh Sitten!
Lektion 21, Text 1
T. Aurelius Scaurus grüßt D. Aurelius Scaurus
Oh großer und bewundernswerter Sieg!
Endlich wurde Alesia, die Hauptstadt der Averner, erobert!
Mit meinem Gaius nahm ich als Militärtribun an der Belagerung teil;
mit meinem Gaius kämpfte und siegte ich.
Hörst du etwa nicht damit auf zu glauben, dass Gaius ein schlechter und fauler Mensch ist? Du sagtest, dass er von Schulden überfallen über das Meer floh, dass er in Gallien einen Krieg führte, um in Rom nicht ins Gefängnis zu kommen. - Du solltest wissen, dass der Prokonsul wahrlich ein römischer Mann ist.
Ich sah immer wieder seine Klugheit und Tapferkeit!
In Gallien wird er von uns allen geliebt.
Der Krieg ins Alesia war sehr schwer:
Da Alesia auf einem Berg liegt, konnte es von uns nicht erobert werden.
Daher befahl Gaius, die Stadt zu belagern.
Mit viel Arbeit wurden Befestigungsanlagen gebaut und Türme errichtet.
Dennoch kamen die Averner und einige Gallier mit ihrem Anführer Vercingetorix oft aus der Stadt und veranstalteten heftige Schlachten mit unseren Leuten – aber sie wurden immer zurückgetrieben.
Schließlich übergaben sie sich von Hunger und Durst besiegt,
Vercingetorix selbst wurde uns übergeben.
Gaius jedoch lobte seine tapferen Soldaten und gab uns die Prämien - auch mir... Ich bin glücklich! Alle sind glücklich.
Ich hoffe, dass wir lange in Gallien bleiben und siegen werden.
Genieße auch du, mein Bruder, das angenehme römische Leben.
Wenn du gesund bist, ist es gut, ich jedenfalls bin gesund.
Lektion 21, Text 2
Aus dem Brief eines Legionssoldaten
Nun sind wir endlich im Winterlager,
nun sind wir endlich frei von Mühen. -
Aber wie lange wird es uns erlaubt sein, uns auszuruhen?
Vercingetorix, der Führer der Averner, ist besiegt worden
und Gaius Julius Caesar wird von allen mit lauter Stimme gelobt.
Was hat er eigentlich gemacht?
Sind denn nicht wir, die einfachen Soldaten, mit schwerem Gepäck beladen zu Fuß über Berge und Felder gegangen?
Haben wir etwa nicht oft unter Hunger und Durst gelitten?
Haben wir etwa nicht die Befestigungen gebaut?
Haben wir etwa nicht die Türme errichtet?
Haben wir etwa nicht das Gefecht geführt und mit den Feinden im Nahkampf gekämpft?
Wenn wir auch unversehrt aus dem Gefecht herauskamen,
hatten und haben wir trotzdem immer den Tod vor Augen.
Oh, wie viele Kameraden habe ich verwunden und sterben sehen,
wie viele Freunde habe ich verloren.
Gestern wurde sogar der Militärtribun Titus Aurelius Scaurus getötet:
Mit wenigen Leuten erkundete er die benachbarte Gegend,
als er plötzlich von Feinden überfallen und getötet wurde.
Oh, wann wird das Ende dieses grausamen Abschlachtens sein?
Dieser Caesar, der uns zwang Krieg zu führen, wie sehr ich ihn hasse!
Wenn – was die Götter verhüten mögen – es mir nicht möglich sein wird nach Rom zurückzukehren,
sollst du jedoch wissen, meine Antonia, meine Ehefrau,
dass ich dich immer liebte, liebe und lieben werde. Lebe wohl.
Lektion 22, Text 1
Tantalus
Tantalus, der Sohn von Jupiter, war König von Lydien. Er besaß große Reichtümer. Einst dachte er bei sich: "Was fehlt mir? Ich besitze alles, ich bin ein Freund der Götter. Die Götter laden mich sogar ein, damit ich an ihren Gastmählern teilnehme. Wer hat schon eine solche Ehre empfangen? Ich esse gerne mit den Göttern und besuche sie oft, um ihre Geheimnisse zu erfahren. Wer kann mich denn daran hindern, dass ich sie nicht den Menschen verrate?
Denn mit diesem Plan wird ich die Geheimnisse der Götter verraten, in der Absicht, dass die Menschen die Götter nicht fürchten. Ich sah nämlich, dass die Götter die Menschen weder an Tapferkeit, noch an Macht, noch an Klugheit übertreffen. Dann werden sich die Menschen nicht mehr darum kümmern, die Götter mit Opfern anzubeten.
Ich kenne die Pläne der Götter genau. Ich nehme an ihren Gastmählern teil. Was steht zwischen mir und den Göttern? Ich esse Götterspeise und trinke Nektar. Wer kann verhindern, dass ich nicht die Speisen der Götter den Menschen weitergebe? Das eine versuche ich, das eine wünsche ich, um zu beweisen, dass die Götter nicht weise sind. Denn sie glauben, dass sie alles sehen, hören und wissen.
Ich werde meinen Sklaven befehlen, dass sie eine den Göttern unbekannte Speise zubereiten. Ich werde befehlen, dass sie Pelops, meinen Sohn, töten und den Göttern zum Essen vorsetzen. Ich werde sie täuschen. Ich, König Tantalus, werde die großen Götter durch meine Klugheit übertreffen!"
Lektion 22, Text 2
Tantalus in der Unterwelt
Tantalus steht mitten im Teich. Er wird von heftigem Durst gequält. Von allen Seiten wird er von kaltem Wasser umgeben. Aber wenn er zu trinken wünscht und sein Mund sich dem Wasser nähert, weicht das Wasser sofort zurück. Er wird von heftigem Hunger gequält. Die schönsten Früchte hängen über seinem Kopf. Wenn er sich bemüht, sie zu fangen, weichen die Zweige zum Himmel zurück. Schließlich bewirkt ein Steinbrocken, der über ihm hängt, dass er immer sehr hoher Todesangst lebt.
So schreit Tantalus, weil er gequält ist: "Oh Götter, war ich denn nicht euer Freund? Habt ihr mir denn nicht Macht und Reichtümer gegeben? Kann ich euch denn nun nicht dazu bewegen, mich von solchen Schmerzen zu befreien?"
Doch die Götter schweigen.
Lektion 23
Antigone
Antigone: Oh, meine teure Schwester, Ismene. Ich kenne kein schlechteres Schicksal, als das göttliche Recht uns und unserem Stamm nicht gibt. Denn vom Schicksal gezwungen, kam Oedipus, unser unglücklicher Vater, nach Theben und heiratete unwissend Iocaste die Königin, seine Mutter – bald unsere Mutter. Nachdem unsere Eltern diese Schande bemerkt hatten, nahm sich Iocaste das Leben und Oedipus bot, nachdem er sich durch seine eigene Hand geblendet hatte, bis zu seinem Lebensende ein Beispiel für das grausame Schicksal.
Ismene: Warum erneuerst du den so heftigen Schmerz nun, Antigone?
Antigone: ...damit du die Erinnerung festhältst, dass der Zorn der Götter ungeheuerlich ist. Denn Menschen, die das göttliche Recht brechen, büßen schwer. Haben denn nicht auch unsere Brüder Eteodes und Polynices die Götter verletzt? Durch Zwietracht bewegt, wurde ein Bürgerkrieg bereitet und während einer einen anderen mit einem Schwert tötet, wurde für eine frevelhafte Sache gebüßt.
Ismene: Ich weiß das alles, Antigone. Bist du etwa durch etwas neues so stark bewegt, dass du immer von den Brüdern erzählst?
Antigone: Aber ja! Hast du etwa nicht auch von Creon gehört, der nun Theben regiert, dass er ein frevelhaftes und gefährliches Gesetz erlassen hat?
Ismene: Ich habe noch nicht von den Gefahren gehört, die uns drohen. Sag es, Schwester, damit ich es weiß.
Antigone: Der König hat verkündet: "Der eine Bruder, Eteocles, soll mit einem Grab versehen werden, weil er die Stadt verteidigte. Aber der andere, Polynices, soll von den Thebanern unbestattet zurückgelassen werden, weil er Theben feindlich gesinnt war! Der Körper dieses verbrecherischen Menschen soll als Beute für die wilden Tiere dienen! So soll der Feind bestraft werden! Die Bürger jedoch sollen meinen Zorn fürchten! Der, der mein Gesetz bricht, soll getötet werden!"
Ismene: Oh, ihr unglücklichen Brüder! Oh, die so große Grausamkeit des Königs! Was sollen wir machen, Antigone?
Antigone: Lass uns nicht lange nachdenken, aber wir sollen das machen, was die Götter fordern, Ismene! Wir Schwestern müssen sowohl den Göttern gehorchen, als auch den Brüdern helfen: Wir müssen den Bruder begraben, auch wenn die Kraft Creons groß ist. – Oder zweifelst du etwa?
Ismene: Ich weiß nicht... Seid dir jedoch bewusst, dass wir Frauen sind, deren Kräfte schwach sind. Wir können nicht der Macht des Königs Widerstand leisten und zugleich unser Leben unversehrt retten.
Antigone: Wenn ich den Göttern gehorche, werden sie mir Hilfe bringen. Weil es uns das göttliche Rechts und der Brauch der Vorfahren befiehlt, werde ich nun diese Pflicht leisten. Wenn du träge bist, werde ich dieses, das den Göttern gefällt, alleine machen.
Ismene: Wie sehr fürchte ich um dein Heil, Schwester! Wenn doch, solltest du es bei Nacht machen, was du im Sinn hast!! So wirst du vielleicht dein Leben bewahren...
Antigone: Die richtige Gesinnung wird unter der Sonne von den Göttern erkannt. Nun wird der Bruder von meiner Hand begraben werden!
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